Wenn ich zwei Vöglein wär - Das literarische Werk von Ringelnatz
Foto: © Sebastian Schiller - Stolz schritt er an seinem Lehrer vorbei und sagte schelmisch: "Ich habe mich tätowieren lassen!" Danach folgte, was er vermutlich ahnte und wohl auch folgen musste. Der Schüler flog von der Schule, dem Königlichen Staatsgymnasium in Leipzig. Es mag dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben, dass er das Schulgelände zwecks Tätowierung unerlaubt verlassen hatte. Tatsächlich fremdelte er aber schon länger mit der kaiserzeitlichen Pädagogik und sie mit ihm.
Das war nur eine Episode aus dem Leben von Carl Gustav Bötticher, der bis heute unter dem Künstlernamen Joachim Ringelnatz bekannt ist. Fast genau zwei Jahre nach den letzten Finsterwalder Stadtgesprächen mit Publikum herrschte rege Nachfrage nach Plätzen. Deren verfügbare Anzahl war aufgrund der weiterhin bestehenden Pandemie jedoch stark eingeschränkt. Dabei war nicht nur die Vorfreude auf das besondere Ambiente des Alten Warenspeichers im Haus von "Ad.Bauer's Wwe." groß, sondern in erster Linie auf den Schauspieler Rolf Becker und seinen musikalischen Begleiter Frank Fröhlich.
Es sollte ein vergnüglicher Ringelnatz-Leseabend werden, eine Entschädigung für viele Monate kultureller Enthaltsamkeit. Kurzfristig hatte Rolf Becker aber krankheitsbedingt absagen müssen. Statt seiner übernahm Frank Fröhlich das komplette Programm. Er hatte vor wenigen Jahren das zugrunde liegende Hörbuch entwickelt und produziert. Es wurde weitaus mehr als nur ein Leseabend, denn Fröhlich beherrscht seine Gitarre ganz virtuos, die, wie er sagt, alles kann. Musik und Literatur wechselten einander ab. So mancher im Publikum lies seinen Gedanken während der Musikstücke freien Lauf; allerdings immer nur solange bis Fröhlich die Zuschauer erneut staunen ließ, wie er die Gitarre einhändig spielte, den Korpus des Instruments zusätzlich als Trommel nutzte und seinen Fuss gleichzeitig rhythmisch mit einer Rassel bewegte.
Das Leben von Ringelnatz war mit 51 Jahren sehr kurz, seine Schaffenskraft gleichwohl hoch und sein Werk ungewöhnlich umfangreich. Etwa 35 Berufe übte er aus (u.a. Seemann, Kaufmann, Kabarettist, Werbetexter, Dichter, Maler). Sein literarisches, lyrisches, künstlerisches Werk erstreckte sich insgesamt auf nur etwa vierzehn Jahre. Was er allerdings nach seinen Wanderjahren zur See vor und nach dem ersten Weltkrieg schrieb, dichtete, zeichnete und sonst fabrizierte, ist von einem bemerkenswerten Umfang. Diesen Eindruck teilte auch Fröhlich während der Fragerunde. Wie Ringelnatz hat er eine Reihe von Berufen ausgeübt bevor er schließlich Verleger und Produzent von Hörbüchern wurde. Auf welche Weise Ringelnatz es schaffte, so produktiv zu sein, blieb dagegen weitestgehend offen.
1910 traf Joachim Ringelnatz im vornehmen Münchner Stadtteil Maxvorstadt auf Paul Heyse, damals ein Star am deutschen Literaturhimmel. Unter dem Vorwand eine Nachricht seines Vaters zu überbringen, suchte Ringelnatz Heyses Bekanntschaft und Unterstützung, denn schließlich wollte er zu diesem Zeitpunkt bereits Dichter werden. Das Aufeinandertreffen verlief nicht wie gewünscht und war wenig schmeichelhaft für ihn. Heyse war in jenem Jahr als erster Deutscher mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet worden. Auf Ringelnatz hinterließ er den Eindruck eines Oberlehrers. Heute ist Heyse weitestgehend unbekannt. Hans Pleschinski, der im letzten Jahr Gast der Finsterwalder Stadtgespräche war, hat ihm in seinem neuesten Buch ein gebührendes Denkmal gesetzt. Ringelnatz genießt dagegen bis heute eine große Popularität. Nicht zuletzt, weil er gerne Bekanntes spielerisch verdrehte oder Überraschendes amüsant kombinierte wie das z.B. das bekannte Deutsche Volkslied "Wenn ich ein Vöglein wär" aus dem in seiner Fassung "Wenn ich zwei Vöglein wär" wurde.
Der Abend klang in einer besonders netten Gesprächsrunde in den Räumen des Ring-Cafés aus. Anschließend ging das Publikum beglückt nach Hause.
Das war nur eine Episode aus dem Leben von Carl Gustav Bötticher, der bis heute unter dem Künstlernamen Joachim Ringelnatz bekannt ist. Fast genau zwei Jahre nach den letzten Finsterwalder Stadtgesprächen mit Publikum herrschte rege Nachfrage nach Plätzen. Deren verfügbare Anzahl war aufgrund der weiterhin bestehenden Pandemie jedoch stark eingeschränkt. Dabei war nicht nur die Vorfreude auf das besondere Ambiente des Alten Warenspeichers im Haus von "Ad.Bauer's Wwe." groß, sondern in erster Linie auf den Schauspieler Rolf Becker und seinen musikalischen Begleiter Frank Fröhlich.
Es sollte ein vergnüglicher Ringelnatz-Leseabend werden, eine Entschädigung für viele Monate kultureller Enthaltsamkeit. Kurzfristig hatte Rolf Becker aber krankheitsbedingt absagen müssen. Statt seiner übernahm Frank Fröhlich das komplette Programm. Er hatte vor wenigen Jahren das zugrunde liegende Hörbuch entwickelt und produziert. Es wurde weitaus mehr als nur ein Leseabend, denn Fröhlich beherrscht seine Gitarre ganz virtuos, die, wie er sagt, alles kann. Musik und Literatur wechselten einander ab. So mancher im Publikum lies seinen Gedanken während der Musikstücke freien Lauf; allerdings immer nur solange bis Fröhlich die Zuschauer erneut staunen ließ, wie er die Gitarre einhändig spielte, den Korpus des Instruments zusätzlich als Trommel nutzte und seinen Fuss gleichzeitig rhythmisch mit einer Rassel bewegte.
Das Leben von Ringelnatz war mit 51 Jahren sehr kurz, seine Schaffenskraft gleichwohl hoch und sein Werk ungewöhnlich umfangreich. Etwa 35 Berufe übte er aus (u.a. Seemann, Kaufmann, Kabarettist, Werbetexter, Dichter, Maler). Sein literarisches, lyrisches, künstlerisches Werk erstreckte sich insgesamt auf nur etwa vierzehn Jahre. Was er allerdings nach seinen Wanderjahren zur See vor und nach dem ersten Weltkrieg schrieb, dichtete, zeichnete und sonst fabrizierte, ist von einem bemerkenswerten Umfang. Diesen Eindruck teilte auch Fröhlich während der Fragerunde. Wie Ringelnatz hat er eine Reihe von Berufen ausgeübt bevor er schließlich Verleger und Produzent von Hörbüchern wurde. Auf welche Weise Ringelnatz es schaffte, so produktiv zu sein, blieb dagegen weitestgehend offen.
1910 traf Joachim Ringelnatz im vornehmen Münchner Stadtteil Maxvorstadt auf Paul Heyse, damals ein Star am deutschen Literaturhimmel. Unter dem Vorwand eine Nachricht seines Vaters zu überbringen, suchte Ringelnatz Heyses Bekanntschaft und Unterstützung, denn schließlich wollte er zu diesem Zeitpunkt bereits Dichter werden. Das Aufeinandertreffen verlief nicht wie gewünscht und war wenig schmeichelhaft für ihn. Heyse war in jenem Jahr als erster Deutscher mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet worden. Auf Ringelnatz hinterließ er den Eindruck eines Oberlehrers. Heute ist Heyse weitestgehend unbekannt. Hans Pleschinski, der im letzten Jahr Gast der Finsterwalder Stadtgespräche war, hat ihm in seinem neuesten Buch ein gebührendes Denkmal gesetzt. Ringelnatz genießt dagegen bis heute eine große Popularität. Nicht zuletzt, weil er gerne Bekanntes spielerisch verdrehte oder Überraschendes amüsant kombinierte wie das z.B. das bekannte Deutsche Volkslied "Wenn ich ein Vöglein wär" aus dem in seiner Fassung "Wenn ich zwei Vöglein wär" wurde.
Der Abend klang in einer besonders netten Gesprächsrunde in den Räumen des Ring-Cafés aus. Anschließend ging das Publikum beglückt nach Hause.